„Die erneute Preiserhöhung für die Stadtbusse ist gegen jede Vernunft!“

„Die erneute Preiserhöhung für die Stadtbusse ist gegen jede Vernunft!“

In einer Presseerklärung stellt Herman U. Soldan-Parima, sozialpolitischer Sprecher der Flensburger Linksfraktion, unter anderem fest: Die Erhöhung muss schnell zurückgenommen werden, denn die Fahrpreise müssen gerade in Krisenzeiten runter – und nicht rauf!

Schon 2021 waren die Fahrpreise (nicht zum ersten Mal) kräftiger erhöht worden als viele Löhne und Renten – und jetzt legt Aktiv-Bus zum August noch einmal über 9 Prozent drauf, mehr noch als die durchschnittliche Inflationsrate und weit mehr als die meisten Menschen bei explodierenden Energiepreisen (+38%) und steigenden Lebensmittelkosten (+13%) verkraften können!

Wie sehr das 9-Euro-Ticket (das glücklicherweise noch bis Ende August gilt) die Mobilität vieler Menschen mit kleinen Einkommen erhöht und die ohnehin schmalen Geldbörse geschont hat, ist unbestritten. Allein im vergangenen Juni hat Aktiv-Bus 20.000 der Tickets verkauft. Die Nachfrage war also riesig, und trotzdem platzten die Stadtbusse nur selten aus den Nähten. – Die jetzige Preiserhöhung erscheint dagegen wie ein Denken aus grauer Vorzeit, als hätten die Verantwortlichen nichts dazugelernt.

Begründet wird die Preiserhöhung mit gestiegenen Kosten, die durch höhere Fahrpreise, die rund 80 Prozent der Einnahmen ausmachen, ausgeglichen werden sollen. Das mag betriebswirtschaftlich auf den ersten Blick einigermaßen nachvollziehbar erscheinen – volkswirtschaftlich ist das ständige Nach-oben-Drehen der Fahrpreisschraube blanker Unsinn und gesellschaftlich, sozial- und klimapolitisch sogar schädlich.

Der Nahverkehrsbetrieb Aktiv-Bus führt sich hier wie ein privates Omnibusunternehmen auf. Dabei ist Aktiv-Bus eine Tochtergesellschaft der Stadt und Teil der ebenfalls städtischen Flensburger Stadtwerke. Mit der Teil-Auslagerung aus rein städtischer Regie folgte jedoch die Daumenschraube gleich mit: Schulden soll Aktiv-Bus nicht machen dürfen – und Zuschüsse aus dem Stadthaushalt sollen vermieden werden. So lässt sich keine vernünftige Nahverkehrspolitik machen!

Diese Konstruktion erweist sich nun ein weiteres Mal als untauglich, zumal dadurch auch noch die Stadtverwaltung und die große Mehrheit der Kommunalpolitik versuchen, ihre Verantwortung für einen bezahlbaren Nahverkehr für alle (!) Flensburger*innen an der Garderobe des Rathauses abzugeben. Die Ratsfraktion DIE LINKE ist die einzige, die sich diesem Teufelskreis entgegenstellt und neben einem Nahverkehrskonzept mit sinkenden Preisen auch Anträge auf Rücknahme von Fahrpreiserhöhungen vorgelegt hat – und weiterhin vorlegen wird.

Bei den anderen Fraktionen stößt dies auf Desinteresse oder auch auf offene Ablehnung, ihnen reicht das Schulterzucken, ein paar unkonkrete Lippenbekenntnisse und die gebetsmühlenartig vorgetragene Floskel „Das können wir uns nicht leisten“ – und dann wird der Nein-Finger gehoben. Ausnahme war im Sommer 2021 die mehrheitliche Zustimmung zum Sozialticket, wie es die Linksfraktion in einem Ergänzungsantrag beantragt hatte: mindestens 50 Prozent Rabatt auf die Monatskarte, maximale Kosten 25 Euro. – Bei anderen Anträgen der Linksfraktion für einen bezahlbaren Nahverkehr scheint nun jedoch die Haltung vorzuherrschen, diesen entgegen aller Logik und Vernunft nicht mehr zuzustimmen… Aber genau das darf sich die Stadt „nicht leisten“!

Die jetzige Fahrpreiserhöhung fällt in eine Krisenzeit, in der auch Menschen mit mittleren Einkommen über Gebühr von rasant steigenden Lebenshaltungskosten stark belastet werden, und auch für sie sind teurere Tickets jetzt noch schwerer zu bezahlen. – Das Sozialticket, auf das im Grunde nur Menschen im Transferleistungsbezug Anspruch haben (und das sehr gut nachgefragt wird!), hilft der großen Gruppe von Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen nicht. Deshalb brauchen sie nun sinkende Fahrpreise, wie sie die Linksfraktion vorschlägt, und nicht eine Preiserhöhung nach der anderen! Nur so erhalten sie Zugang zum Nahverkehr – und nur so kann der private Autoverkehr eingedämmt werden.

Ganz konkret trägt die Fahrpreiserhöhung, die zeitgleich mit der Eingliederung von Teilen des Tarifsystems in den Nah.sh-Tarif erfolgt, einige besonders absurde Züge: So ist nun die Hin- und Rückfahrt mit einem Einzelticket innerhalb einer Stunde nicht mehr erlaubt; genau das aber belastet manche Menschen noch mehr, denn vorher konnten sie schnelle Besorgungen und Termine in der Nähe mit einem Ticket erledigen. Nun steigen die Buskosten für den schnellen Einkauf im Supermarkt um glatte 100 Prozent! Und ein Kurzstreckenticket lehnt Aktiv-Bus weiterhin ab.

Die neue Wochenkarte für 19,90 Euro ist umgerechnet mehr als 25 Prozent teurer als das Monatsticket für 57,50 Euro. Hier wird individuelle Mobilitätsplanung ausgehebelt, denn schon ab der dritten Wochenkarte wird das Busfahren teurer als mit der ohnehin zu teuren Monatskarte. Ein weiteres Beispiel, dass die Preispolitik mit unkreativen Scheuklappen gemacht wird – und nicht im Interesse der Kundinnen und Kunden! Die Wochenkarte dürfte, ginge man nach dem Vernunftsprinzip, nicht mehr als 14,50 Euro kosten – Nah.sh-Tarif hin oder her!

Auch für Schülerinnen und Schüler wird das Busfahren für nun monatliche 38 Euro immer unbezahlbarer. Auch hier gilt für soziales und familienfreundlichen Busfahren: Fehlanzeige! – Die Stadtwerke dürfen nicht länger von vielen neuen, hypermodernen und besonders teuren Bussen träumen, während das Busfahren für mehr viele Menschen in der Stadt immer unattraktiver wird und für sehr viele auch nicht mehr bezahlbar ist. Diese falschen und sehr kostenintensiven Schwerpunkte könnten aus sozial- und klimapolitischer Sicht immer weiter nach hinten losgehen.

Die Linksfraktion wird auch diesmal die Rücknahme der unsinnigen Preiserhöhungen beantragen und – sollte von Bund und Land nicht sehr schnell ein deutlicher Beschluss für einen kostengünstigeren Nahverkehr kommen – auch ihren Antrag für Preissenkungen wieder einbringen. Schulterzucken und Nein-Sagen sollten sich die anderen Fraktionen dann nicht mehr leisten dürfen. Und die Stadtverwaltung sowie die Stadtwerke sollten sich schleunigst Gedanken darüber machen, wie ein attraktiver und für alle bezahlbarer Busverkehr in Flensburg durch Umschichtung städtischer Haushaltsmittel oder externe Fördermittel schnell umgesetzt werden kann, denn ein guter Nahverkehr ist ihr öffentlicher Auftrag!