Häusliche Gewalt: Mängel bei der Unterbringung von Opfern beseitigen!

Die Flensburger Linksfraktion fordert eine deutliche höhere Zahl von Frauenhausplätzen sowie die Bereitstellung von betreuten Wohnmöglichkeiten
Am 24.11.2022 stellten Bundesinnenministerin Faeser (SPD) und Familienministerin Paus (Grüne) einen weiteren erschreckenden Bericht zum Ausmaß häuslicher Gewalt (Stand von 2021) vor. In vier von fünf Fällen sind Frauen durch Übergriffe von Partnern und Ex-Partnern direkt betroffen und fast 80 Prozent der Täter sind Männer. Statistisch gibt es stündlich etwa ein Dutzend gewalttätiger Übergriffe gegen Frauen und Mädchen (mehr als 100.000 pro Jahr!), und jährlich sterben mehr als 100 Frauen durch vorsätzlichen Mord oder Totschlag („Femizide“).
Auch in Flensburg gibt es diese Übergriffe, aber die Infrastruktur zur Hilfe von Frauen ist nur unzureichend in der Lage, allen Frauen eine schützende Unterkunft zu geben. Das Flensburger Frauenhaus hat eine Kapazität von nur 22 Plätzen für Frauen und Kinder in akuter Hilfe vor Gewalt. Allein in den ersten neun Monaten dieses Jahres musste das Frauenhaus bereits 119 Frauen und 137 Kindern abweisen, weil keine Plätze für eine Unterbringung mehr zur Verfügung standen.
Herman U. Soldan-Parima, sozial- und gleichstellungspolitischer Sprecher der Flensburger Linksfraktion, erklärt dazu: „Dieser ausgeprägte Mangel an akuten Hilfsmöglichkeiten existiert schon jahrelang, und seitens der Stadtverwaltung passiert nicht genug, um diese unerträgliche Situation deutlich zu verbessern. Wir reden hier nicht über Nischenkriminalität, sondern von der erschütternden Tatsache, dass etwa jede dritte Frau in ihrem Leben Opfer körperlicher und/oder sexualisierter Gewalt wird und das überwiegend im privaten, häuslichen Bereich!“
Die Ratsfraktion Die Linke fordert daher eine deutliche Erhöhung von Plätzen im Frauenhaus – von derzeit 22 auf mindestens 40. Dazu ist eine bauliche Erweiterung oder auch ein Neubau notwendig, der nicht lange herausgezögert werden darf, um den Bedarfen und Bedürfnissen einer Opferhilfe vollauf zu genügen. Auch mehrere Wohnungen müssen seitens der Stadt für die betreute Unterbringung vorgehalten und zur Verfügung gestellt werden. Die derzeitige Initiative, gewalttätige Männer aus einer gemeinsamen Wohnung zu entfernen, ist nicht hinreichend und außerdem von deren Zustimmung abhängig.
„Die Bundesrepublik hat sich 2018 für den Beitritt zur Istanbul-Konvention entschieden, die nicht nur die Gleichstellung der Geschlechter fordert, sondern auch ausreichende Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen“, sagt Herman U. Soldan-Parima und fügt hinzu: „Der Inhalt der Konvention ist verpflichtendes Recht und muss auf Bundes-, Landes- und auf kommunaler Ebene umgesetzt werden. Hilfe gegen Gewalt darf daher nicht nur bei mehr Beratungsangeboten, sondern besonders beim aktiven Schutz von Gewaltopfern umgesetzt werden.“
Die Bundesfamilienministerin hat nach der Vorstellung des Berichts mehr Hilfe für Frauenhäuser zugesagt, die auch im Koalitionsvertrag der Ampelregierung verankert wurde. – „Das muss jetzt aber sehr schnell gehen!“, kommentiert Herman U. Soldan-Parima. „Doch leider ist gar nicht sicher, wie viel Extra-Geld in Flensburg ankommen würde. Deswegen ist die Verwaltung der Stadt gefordert, schnell und grundlegend die Unterbringungsmöglichkeiten für Frauen und ihre Kinder zu erhöhen und dafür schnell eine Finanzierung auszuloten. Das wäre ein wichtiger Schritt zur Umsetzung der Istanbul-Konvention und ein klares Signal an die Gewaltopfer.“
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Kontaktadressen für Opfer häuslicher Gewalt:
• Bundesweites Notruf-Telefon „Gewalt gegen Frauen“: Tel.: 08000 116 016
• Frauennotruf Flensburg: Tel. 0461 / 90 90 82 00
(Mo.-Fr. 10-12, außerdem Di.+Do. 14-16 Uhr)
• Frauenhaus Flensburg: Tel. 0461 / 4 63 63
• Übersicht Flensburger Angebote „Frauen in Not“
• Weitere Angebote auf der Webseite des Kriminalpräventiven Vereins Flensburg