Krankenhaus-Struktur, fehlende Ausbildungsplätze und Stromsperren

Ein aktueller Bericht aus dem Sozial- und Gesundheitsausschuss vom 17.08.2020
Wie sehr das Thema Corona auch weiterhin die Kommunalpolitik „im Griff“ hat, zeigte die Tagesordnung des gestrigen Sozial- und Gesundheitsausschusses (SuG). Dort standen auch diesmal aktuelle Berichte im Mittelpunkt, die Herman, SuG-Mitglied für die Linksfraktion hier zusammenfasst.
Krankenhaus-Struktur
Seitens der beiden Vorstandsmitglieder der zwei Flensburger Krankenhäuser gab es zunächst eine Darlegung der Arbeit seit Beginn der Corona-Epidemie. Da das Franziskus-Hospital einen Schwerpunkt in der Lungenheilkunde (Pneumologie) hat, wurden hier die notwendigen Vorkehrungen für die stationäre Intensiv-Behandlung von Corona-Patient*innen getroffen. Zwei Stationen wurden dort dafür eingerichtet sowie die Zahl der Beatmungseinheiten von 46 auf 71 aufgestockt. Die Diako übernahm im Gegenzug Patienten, z.B. aus der Chirurgie. Die Zusammenarbeit beider Krankenhäuser gestaltete sich von Beginn an positiv.
Bisher waren 516 Personen wegen Corona-Verdachtssymptomen in Behandlung, neun von ihnen intensiv wegen akuter Erkrankung, davon wurden wiederum drei wegen zielgerichteter Versorgung nach Kiel und Heide verlegt. Die Landesverordnungen zum Lockdown, die auch eine Freihaltung von Ressourcen für mögliche Corona-Patient*innen enthielten, führte im März/April zu einer Reduzierung von stationären Krankenhausbehandlungen sowie in den Fachambulanzen und bei geriatrischen Behandlungen um bis zu 50 Prozent. Teile der Ärzteschaft und des Pflegepersonals wurden intensivmedizinisch weitergebildet und teils in anderen Bereichen eingesetzt. Die meisten coronabedingten Maßnahmen werden aber derzeit wieder zurückgefahren.
Insgesamt erhöhten sich die Ausgaben der beiden Krankenhäuser um ca. 900.000 Euro, davon allein 250.000 Euro mehr als 2019 für die Bereitstellung von Schutzbekleidung und Schutzausrüstung. Allein die Mund-Nasen-Bedeckungen mussten wesentlich teurer eingekauft werden: Die Preise waren von 0,06 € pro Stück auf das Zwölffache (0,70 €) gestiegen.Eine positive Nachricht gibt es für das Krankenpflegepersonal: Voraussichtlich im September wird der Pflege-Zuschuss von 1.500 Euro in ganz Schleswig-Holstein an die Beschäftigten ausgezahlt.
Abschließend gab es einen eindringlichen Appell zur Einhaltung der Corona-Schutzmaßnahmen in der Bevölkerung, auch um angesichts wieder steigender Infektionszahlen das Flensburger Krankenhaussystem nicht zu überfordern.
„Wer kein Geld hat, kann auch nichts kaufen“
Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann
Einen weiteren Bericht gab es von der Industrie- und Handelskammer (IHK), die die Unternehmen vertritt. Laut der jüngsten Umfrage bei 2.400 schleswig-holsteinischen Unternehmen hellt sich das Klima wieder etwas auf: Der Konsumklimaindex im Land stieg im 2. Jahresquartal von 60 auf 84 (der „Normalwert“ liegt jedoch bei 111). Derzeit schätzen 38 Prozent der Unternehmen die Situation negativ ein (25% befürchten einen Umsatzrückgang von 10-25%), im 1 Quartal waren es fast doppelt so viele.
Bemerkenswert ist die Aussage vieler Unternehmen, dass der wichtigste Grund für die Rezession die zu geringe Binnennachfrage in der Bevölkerung ist. DIE LINKE hat darauf schon seit Jahren hingewiesen, darunter auch die Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann: „Wer kein Geld hat, kann auch nichts kaufen“. Zu viele Niedriglöhne, hohe Arbeitslosigkeit und fast 16 Prozent Hartz-IV-Bezieher*innen sind ein klares Indiz dafür, das sich derzeit verstärkt.
Fehlende Ausbildungsplätze
Derzeit besorgniserregend ist der überdurchschnittliche Rückgang von Ausbildungsplatzangeboten (minus 24% in Flensburg, minus 18% im Land). Auf Hermans Nachfrage gab es zwar keine Aufkündigung von Lehrverträgen, viele Unternehmen könnten aber derzeit aufgrund ihrer schwierigen Situation keine Ausbildungsplätze anbieten.
Zudem sei der Kontakt zu möglichen Auszubildenden durch den Wegfall von Jobmessen schwieriger herzustellen. Dem soll nun das neu eingerichtete, SH-weite Online-Portal „Azubi-Match“ (https://sh.azubi-match.com/) von IHK und Handwerkskammer entgegenwirken. Dort werden Ausbildungsplätze direkt online angeboten.
Stromsperren
Zuletzt ging es im SuG um das Thema „Energiesperren“ durch die Stadtwerke Flensburg, zu dem eine Anfrage der Grünen-Fraktion vorlag. Dazu teilte ein Vertreter der Stadtwerke mit, dass es 2019 rund 3.000 Sperrankündigungen („1. Mahnung“) an Flensburger Haushalte und Gewerbetreibende gegeben habe. Aktive Sperren werden bei Zahlungsrückständen von mehr als 100 Euro erst nach der 3. Mahnung (nach 28 Tagen), auf die nicht reagiert werde, verhängt. 2019 waren dies 311 Stromabschaltungen.
2020 wurden aufgrund des Corona-Pakets der Bundesregierung von Mitte März bis Ende Juni keine Stromsperren durchgeführt. Seit 1. Juli wurde dies jedoch wieder aufgenommen. Bisher gab es in diesem Jahr bereits über 200 solcher Maßnahmen.
Die Flensburger Linksfraktion lehnt Stromabschaltungen grundsätzlich ab, da die Stromversorgung als lebenswichtig und als Mittel der notwendigen Grundversorgung für alle anzusehen ist.
Sobald die schriftliche Beantwortung der Anfrage vorliegt, wird sie über ein weiteres politisches Vorgehen beraten.