Kurz gesagt: Neues Krankenhaus – veraltete Werte

Dass Frauen die selbstbestimmte Entscheidung über einen möglichen Schwangerschaftsabbruch bundesweit noch immer durch die Strafrechtsparagraphen 218 und 219a noch immer verwehrt wird, ist eigentlich Grund genug zu Kritik und Widerstand. – In der Flensburger Region geht soll es aber demnächst noch rückständiger zugehen: Die kirchliche Trägergesellschaft für das neue Krankenhaus aus evangelischer Diako und den katholischen Maltesern verweigert Frauen klinische Schwangerschaftsabbrüche (außer in medizinischen Notfällen).
Bisher werden solche Abbrüche in der Diako vorgenommen, dafür gibt es eine Vereinbarung mit der Stadt. Auf Druck der katholischen Malteser soll diese aber nicht fortbestehen und damit das medizinische Angebot wegfallen. In der Flensburger Bevölkerung stößt dies auf breite Ablehnung und Unverständnis, zumal die katholische Glaubensgemeinschaft doch nur rund 5 Prozent in Flensburg und Umgebung ausmacht.
Große Teile der Flensburger Kommunalpolitik verschließen die Augen vor der drohenden Entrechtung von Frauen und vor der aus der modernen Zeit fallenden Rückständigkeit der Trägergemeinschaft. Bisher ist die Flensburger Linksfraktion die einzige im Stadtrat, die bei fortgesetzter Verweigerung von Schwangerschaftsabbrüchen im neuen Krankenhaus darauf besteht, die geplante Trägergesellschaft zur Diskussion zu stellen und – zumindest teilweise – durch einen öffentlichen Träger (die Stadt oder das Land) zu ersetzen.
Doch davon wollen die meisten anderen Parteien nichts hören und sprechen von „Baurecht“, „modernster Medizin“ und dem „Wissenschaftsstandort Flensburg“. Die Anliegen von Frauen und die Beibehaltung der bisherigen Vereinbarung fallen dabei „hinten runter“. Seitens der Verwaltung müht man sich sogar, auf dem Klinik-Campus ein eigenes Versorgungszentrum für Frauen zu bauen – um sich nicht mit den kirchlichen Trägern querzulegen… Das dürfte teuer werden – und die Stadt (und vielleicht auch die Landkreise SL und NF?) muss dafür aus ihren klammen Kassen viel Extra-Geld hervorholen.
Und doch bleibt die bisher sehr unkonkrete Idee einer separaten Mini-Klinik eben wieder nur ein Sonderweg, der gar nicht mehr ins 21. Jahrhundert passt. In anderen Regionen Schleswig-Holsteins (und in der ganzen Bundesrepublik) können Frauen natürlich klinische Schwangerschaftsabbrüche nach den geltenden gesetzlichen Regeln vornehmen lassen. Die Linksfraktion fordert daher, keine Ungleichbehandlung und noch größere Benachteiligung von Frauen zuzulassen – und ein modernes Zentralkrankenhaus auch mit moderner Ethik zu planen.
„Wir Linke haben weder die Bereitschaft noch den Willen, für rückständige und diskriminierende Moralvorstellungen einer religiösen Minderheit bestehende Rechte zu beschneiden und viel Geld auszugeben, das bei Beibehaltung der jetzigen Situation gar nicht notwendig wäre“, erklärt Herman U. Soldan-Parima, sozial- und gleichstellungspolitischer Sprecher der Linksfraktion, und er ergänzt: „Das sollten zumindest einige der großen Ratsfraktionen ebenso sehen, wenn ihre Positionen zu Gleichstellung Modernität keine Lippenbekenntnisse bleiben sollen.“