Mit schlecht bezahltem Fahrpersonal gibt‘s keinen guten Nahverkehr!

Mit einem ersten ganztägigen Warnstreik machen die Beschäftigten der Flensburger Aktiv-Bus am 15.02. ihre Forderung auf eine merkbar bessere Bezahlung deutlich. Die Flensburger Linksfraktion unterstützt sie und fordert generell mehr Finanzmittel für den Busverkehr.
Zum Glück benutzt fast niemand mehr das sperrige Wort „systemrelevant“ mehr für wichtige Berufe. Aber wie die Pflege oder der Handel gehört auch das Fahr- und Betriebspersonal unserer Stadtbusse zu den gesellschaftlich zentralen Aufgaben, auf die sich schwer verzichten lässt und für die zu wenig Lohn gezahlt wird. Im Falle des Busverkehrs wird aktuell der schleswig-holsteinische „Tarifvertrag Nahverkehr“, kurz TV-N SH, zwischen der Gewerkschaft Ver.di und den vier Städten Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster verhandelt.
Ver.di fordert eine Anhebung der Löhne in allen Entgeltgruppen des TV-N SH um 1,50 Euro pro Arbeitsstunde ab Januar 2022, wovon insbesondere die niedriger entlohnten Beschäftigten in den Verkehrsbetrieben profitieren würden. Für das Fahrpersonal könnte eine solche Lohnsteigerung ein Plus von etwa 7-8 Prozent bedeuten, angesichts rasant gestiegener Kosten für Mieten, Energie, Heizung und Lebensmittel eine sehr vertretbare Forderung. Die städtischen Arbeitgeber hingegen wollen erst ab 2023 1,5 Prozent mehr bezahlen und vorher einen „Corona-Bonus“ von 600 Euro bewilligen. Am 10. Februar waren die Tarifverhandlungen ergebnislos abgebrochen worden.
„Ich befürchte, dass die Stadt wie schon bei den Arbeitskämpfen vor zwei Jahren immer noch nicht verstehen will, dass die 1. wichtigen und 2. sehr anstrengenden Jobs im Nahverkehr nicht für‘n Appel und ‘n Ei zu haben sind“, sagt Herman U. Soldan-Parima, sozialpolitischer Sprecher der Linksfraktion. „Von den tüchtigen, aber derzeit zu schlecht bezahlten Beschäftigten hängt ein großer Teil der notwendigen Klima- und Verkehrswende ab. Die Knausrigkeit der Stadt verschreckt aber gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen wir in Zukunft noch mehr brauchen!“
„Gutes Fahrpersonal ist schwer zu kriegen“, hieß es schon vor zwei Jahren bei Strategiegesprächen der Aktiv-Bus. Und die Linksfraktion hatte schon 2020 in einem Pressetext zum damaligen Busstreik festgestellt: „Wenn teils ausgelagerte Betriebe der öffentlichen Daseinsvorsorge (wie hier der Nahverkehr) eine ‚schwarze Null‘ erwirtschaften müssen, dann bleiben Löhne und bedarfsgerechter Service auf der Strecke.“ Und: „Gute öffentliche Dienstleistungen können sich finanziell nicht selbst tragen. Das nun nicht zum ersten Mal auf das Fahrpersonal abzuwälzen, ist nicht hinnehmbar.“ – Daran hat sich leider auch 2022 nichts geändert.
Die Ratsfraktion DIE LINKE fordert neben erkennbar besseren Löhnen für das Fahr- und Betriebspersonal der Aktiv-Bus schon seit langem eine hohe Priorität des Nahverkehrs im städtischen Haushalt, der endlich durch eigenes Umschichten, aber auch durch höhere Zuschüsse aus Land und Bund wieder umfänglich handlungsfähig werden muss.
„Bei steigenden Rohstoff- und Betriebspreisen kann die Lösung doch nicht sein, die Löhne im Busverkehr klein zu halten oder womöglich die Fahrpreise immer noch teurer zu machen!“, erklärt Herman U. Soldan-Parima und fügt hinzu: „Wenn die Stadt und auch ein großer Teil der Kommunalpolitik nicht endlich umdenkt und umsteuert und nicht bald pro Jahr ein paar Millionen Euro mehr für den Nahverkehr veranschlagt, dann ist in Flensburg Daddeldu mit Klimaschutz und Verkehrswende. Deshalb müssen die Löhne rauf und die Ticketpreise peu à peu runter! Viel Zeit haben wir für einen starken Nahverkehr nicht mehr…“
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