Presseartikel: „Linke-Chef fordert Umverteilung“ – bei der Kulturförderung

Frank Hamann sieht eine klare Chance, den freien Kulturinitiativen jetzt mehr finanziellen Spielraum zu geben
Es ist schon seltsam, was einem so alle passiert, wenn man öffentlich über die öffentlichen Zahlen des Landestheaters sprechen möchte. Man darf die „heilige Kuh Landestheater“ bloß nicht antasten.
So schnitt mir z.B. Ellen Kittel, ehemalige Fraktionsvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, jetzt hochrangige Angestellte in der Verwaltung, im öffentlichen Teil des Kulturausschusses das Wort ab, als ich im Kulturausschuss über das Landestheater diskutieren wollte. Das wäre eine Diskussion, die man „nichtöffentlich führen müsste. Und wenn überhaupt, wäre dafür der Hauptausschuss zuständig.“ Natürlich nichtöffentlich…!
Ich meine, man MUSS über eine zu 90% aus Steuermitteln finanzierte Landes-GmbH öffentlich sprechen! Erst recht, wenn die GmbH in den letzten 5 Jahren ca. 9 Millionen Euro „verfügbares Vermögen“ angesammelt hat und wir über eine einmalige Reduzierung der Gesellschafterbeiträge Flensburgs für die nächste Spielzeit ca. 760.000 Euro mehr in unserem Kulturetat zur Verfügung haben.
Dem Landestheater würde das nicht schaden, aber wir wären in der Lage der freien Kultur, der Musikschule Flensburg und dem Projekt „Kulturticket“ unter die Arme zu greifen. Denn im Gegensatz zum Landestheater finanziert sich freie Kultur überwiegend aus Ticketverkäufen. Die Löhne und die Betriebskosten des Landestheaters stammen hingegen zu über 90% aus Fördermitteln….
Hier die Übersetzung des Artikels aus der Flensborg Avis von heute, in der ich die Zusammenhänge darstelle:
Linke-Chef fordert Umverteilung
Frank Hamann, Vorsitzender der Flensburger Linksfraktion, findet es ungerecht, dass das Landestheater über einen großen Gewinn verfügt, während die freie Kultur ums Überleben kämpft
Flensburg. Das Landestheater hat zu viel Geld zur Verfügung. Besonders im Vergleich zu anderen Kulturinstitutionen in Flensburg, die gerade jetzt in der Coronakrise ums Überleben kämpft. Obwohl es natürlich auch große und begründete Unterschiede zwischen etablierter und freier Kultur gibt.
Das meint Frank Hamann, Vorsitzender der Flensburger Linksfraktion. Er verweist darauf, dass die Schleswig-Holsteinische Landestheater und Sinfonieorchester GmbH mit der Stadt Flensburg als großer Beitragszahlerin über einen Überschuss von knapp 1,82 Millionen Euro verfügt, was die Reserven auf über neun Millionen Euro erhöht.
„Ich meine, dass Flensburg, das in diesem Jahr einen Zuschuss von 2,52 Millionen Euro gewährt, einen Teil des Gewinns zurückerhalten sollte. Berechnet nach der Höhe des kommunalen Zuschusses würde es sich um 760.000 Euro handeln“, erklärte Frank Hamann gegenüber Flensborg Avis.
„In der Coronakrise geht es dem Landestheater sogar noch besser, weil viele Beschäftigte in Kurzarbeit sind – während die freie Kultur, die von Eintrittsgeldern abhängig ist, in der Verlängerung der Coronamaßnahmen hungert und friert“, so Frank Hamann.
Er schlägt deswegen vor, den Flensburger Zuschuss für das Landestheater zu verringern, um so mehr Geld für die übrige Kulturarbeit in Flensburg einsetzen zu können. Hamann kündigt eine entsprechende Initiative an, die im nicht-öffentlichen Teil des nächsten Finanzausschusses behandelt werden soll.
Der Linke-Chef weiß, dass er damit ein emotionales Thema berührt, bei dem er bezüglich des Flensburger Zuschusses zur Finanzierung des Landestheaters ziemlich alleine steht. Er verweist darauf, dass das Landestheater auf einem solidarischen System aufbaut, bei dem die etablierte Kultur zwar viel Geld kostet, die Solidarität aber auch wackelt. Der Kreis Dithmarschen hat seine Mitgliedschaft aufgegeben und hat daher eine nur sehr begrenzte Anzahl von Vorstellungen, andere Kreise haben ihre Zuschüsse verringert.
„Wir müssen also auf die gesamte Konstruktion des Landestheaters schauen. In ganz Schleswig-Holstein gibt es etwa 120.000 Zuschauer*innen. Wenn man sieht, dass es jährlich eine Förderung von 20 Millionen Euro gibt, wird jede Eintrittskarte mit 160 Euro subventioniert. Ja, etablierte Kultur kostet viel Geld, aber die freien Kulturinitiativen sind ebenfalls wichtig“, sagt Frank Hamann und ergänzt, dass Flensburg jährlich 1,17 Millionen Euro für 31 Kulturinitiativen ausgibt, während das Landestheater alleine 2,52 Millionen erhält.
„Man muss wissen, dass unser Kulturbudget leer ist. Und weil wir eine Konsolidierungskommune sind, müssen alle dieser ‚freiwilligen Leistungen‘ durch Einsparungen in anderen Bereichen gegenfinanziert werden“, erklärt er.
„Wir dürfen die etablierte und die freie Kultur nicht gegeneinander ausspielen. Das Landestheater muss bleiben, gar keine frage, und ohne Zuschüsse wäre die etablierte Kultur tot. Aber man muss doch Fragen zur Verteilung der Gelder stellen dürfen“, sagt Frank Hamann, der gerne Reformen anstoßen möchte und feststellt, dass Kommunalpolitiker*innen ihre Kontrolle wahrnehmen und solche Themen diskutieren müssen.
Theaterchefin Dr. Ute Lemm war gut aufgelegt, als Flensborg Avis am Dienstag mit ihr sprach. „Wir sind sehr euphorisch, weil wir gerade erfahren haben, dass wir in Flensburg und Rendsburg ein Modellprojekt sein werden. Darum haben wir uns mit beiden Städten beworben. Theoretisch wird es am 24. April mit einem Kammerkonzert in Rendsburg und am darauffolgenden Tag, am 25. April, mit einem Kammerkonzert in unserem Flensburger Theater losgehen“, sagt Ute Lemm.
Auf die Fragen von Flensborg Avis zu den Gründen des Überschusses wollte sie nicht antworten, bevor sie untersucht habe, ob die Zahlen öffentlich seien. „Ich kann aber sagen, dass eine extrem schwierige Situation ist, da wir hauptsächlich Personalkosten haben. Wir sind eine GmbH und haben Kurzarbeit eingeführt, und das tun wir immer noch. Das hat unsere Aufstellung durcheinandergebracht“, sagt Ute Lemm, und sie erklärt, dass die Schleswig-Holsteinisches Landestheater und Sinfonieorchester GmbH in Flensburg, Rendsburg, Schleswig und Harrislee 380 feste Mitarbeiter*innen beschäftigt.
Lemm weist darauf hin, dass Flensburg der größte kommunale Beitragszahler ist, aber durch die Investitionen davon auch profitiert.
Sie weist Frank Hamanns Vorwurf einer fehlenden Beantwortung seiner Anfrage vom Dezember vergangenen Jahres zurück. „Ich habe geantwortet, und das weiß er auch genau“, sagt Ute Lemm.
„Ja, sie hat geantwortet, aber nur unzureichend“, entgegnet Frank Hamann darauf.
Die detaillierten Informationen zum Haushalt des Landestheaters sind auf der Webseite der Stadt Flensburg nachlesbar, wenn man die Anlagen zur Ratsversammlung vom 18. Februar durchsieht (Haushalt 2021/2022 – Schlusslesung).
(Übertragung aus dem Dänischen: Herman U. Soldan-Parima)