Schwangerschaftsabbrüche: „Eine Klatsche für falsche Ratsentscheidungen!“

Es schien Ruhe eingekehrt zu sein, nachdem sich vor einigen Monaten nahezu alle Ratsfraktionen auf Beschlüsse geeinigt hatten, die Schwangerschaftsabbrüche im geplanten Zentralkrankenhaus nach 2030 unmöglich machen. Doch gerade deshalb geht die Debatte in der Öffentlichkeit weiter – und das ist gut so. Für die Flensburger Linksfraktion sagt Herman U. Soldan-Parima, sozial- und gesundheitspolitischer Sprecher, dazu: „Nur weil die anderen Fraktionen und die Verwaltung ihre Scheuklappen nicht ablegen wollen und mit ihren Beschlüssen gegen die Interessen vieler Frauen handeln, lässt sich die Debatte über dieses Thema eben nicht abwürgen!“
Zuletzt veröffentlichte das Flensburger Tageblatt am 14.11. mit dem Titel „Es fühlt sich an wie unterlassene Hilfeleistung“ ein Interview mit den beiden Ärztinnen Annette Gerlach und Kristine Knütel, die auf das immer schlechter werdende Versorgungsangebot bei Schwangerschaftsabbrüchen hinweisen. Sie plädieren daher für eine Fortführung klinischer Abbrüche, weil es in der Flensburger Region immer weniger Alternativangebote gibt.
Annette Gerlach stellt klar: „Das empfinde ich als Ärztin als äußerst kritisch, weil es bedeutet, einen vorhandenen Versorgungsbedarf willentlich nicht zu erfüllen und Frauen in der Notsituation einer ungewollten Schwangerschaft im Stich zu lassen.“ Viele Frauen fühlten einen „Riesendruck“ und wünschten dabei oft einem klinischen Eingriff: „Weil sie nämlich der Institution Klinik vertrauen und deren medizinische Professionalität und Sicherheit suchen. Wenn ihnen diese wiederum nicht gewährt wird, bringt mich das als Ärztin in eine schwierige Lage.“
Dazu erklärt Herman U. Soldan-Parima: „Kann man es eigentlich noch deutlicher sagen? Diese Argumente sind auch schon vorher in die Diskussion gebracht worden, aber die anderen Fraktionen wie auch die Verwaltung wollen bis heute darauf nicht hören, sondern auf Biegen und Brechen ihr Vorzeige-Bauprojekt durchbringen und sich nicht mit den katholischen, abbruchfeindlichen Maltesern, die in der Bevölkerung nur eine kleine Minderheit sind, anzulegen – auf Kosten der Frauen und der medizinischen Versorgung. Das war und ist immer noch ein Skandal, der mit demokratischen Mehrheiten nicht wegzuräumen ist.“
Die Linksfraktion kritisiert seit langem, dass untaugliche Flensburger Versuche, Sonderwege zu beschreiten und mit Gesprächskreisen und statistischen Befragungen eine Versorgung mit Schwangerschaftsabbrüchen ohne klinische Variante zu propagieren, nichts Anderes sind als ein Manöver, um den eigenen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Aus Sicht der Linksfraktion war hier auch Oberbürgermeisterin Simone Lange viel zu zögerlich und hat damit falsche Signale in der Kommunalpolitik gesetzt. Die Fraktion hat immer darauf hingewiesen, dass das neue Krankenhaus auch bei Schwangerschaftsabbrüchen eine medizinische Kernfunktion erfüllen muss. – Auch die beiden Ärztinnen wollen die Politik nicht so einfach aus ihrer Verantwortung entlassen.
Kristine Knütel sagt dazu: „Soweit ich weiß, ist es ja sehr schwierig, ohne Fusion die Krankenhäuser aufrechtzuerhalten. Und wenn man gar kein Angebot mehr hat, ist es sicherlich die schlechteste Variante. Meine Hoffnung ist einfach, dass die Gesetzeslage sich ändert und dass dann diese Entscheidung noch mal überdacht wird.“ Und Annette Gerlach ergänzt: „Ich hoffe auf die Abschaffung des Paragraphen 218 StGB. Dann ließe sich juristisch argumentieren, dass ein Versorgungsauftrag des Krankenhauses gewährleistet sein muss. Und dass man dann gar nicht mehr mit Kirchenrecht argumentieren kann.“
„Neben vielen engagierten Aktionen und Stellungnahmen sind die aktuellen Feststellungen der beiden Ärztinnen eine weitere deutliche Klatsche für die falschen Ratsentscheidungen“, sagt Herman U. Soldan-Parima. „Wir Linke wollen insbesondere SPD, SSW und auch die Grünen dazu auffordern, ihren Kurs zu ändern. Wir haben genug Lippenbekenntnisse gehört und danach jeweils ein genau entgegengesetztes Abstimmungsverhalten mit ansehen müssen. Währenddessen wird die Versorgungslage bei Schwangerschaftsabbrüchen tendenziell immer schlechter. Um diese falsche Entwicklung zu stoppen und um das Selbstbestimmungsrecht der Frauen zu sichern, werden wir in den nächsten Wochen mit einem weiteren Ratsantrag aktiv werden. Einfach Ruhe in das derzeitige Dilemma einkehren zu lassen und uns falschen Mehrheiten zu beugen, wollen wir jedenfalls nicht!“