„Wir ziehen jetzt bei der Krankenhausplanung die Notbremse!“

Pressemitteilung der Flensburger Linksfraktion
Für die Ratsversammlung am 2. Juni hat die Flensburger Linksfraktion einen Antrag eingebracht, der den Beschluss über den Verkauf des neuen Krankenhausgeländes am Peelwatt so lange aussetzen soll, bis die Fragen eines Vorkaufsrechts der Altgrundstücke zu derzeit gültigen Bodenpreisen sowie der Fortführung von klinischen Schwangerschaftsabbrüchen positiv geklärt sind.
Der Fraktionsvorsitzende Frank Hamann erklärt dazu: „Wir sehen ziemlich fassungslos, wie die Stadtverwaltung und die übergroße politische Mehrheit im Rat bei der Krankenhausplanung mit verbundenen Augen auf ein schwarzes Loch zurasen. Weil wir befürchten, dass die Stadt bei einem Vorkaufsrecht der beiden alten Krankenhausgrundstücke zu vernünftigen Preisen leer ausgehen und damit ihre Planungsmöglichkeit verlieren könnte, ziehen wir jetzt die Notbremse – und wollen den beschlossenen Verkauf des Geländes an einen noch gar nicht näher definierten Vertragspartner aussetzen!“
Im Antrag der Linksfraktion heißt es dazu: „Der Verkauf des Grundstückes am Peelwatt wurde übereilt durchgeführt, da die Krankenhausträger vorgebracht haben, es wäre zwingend erforderlich, den Verkauf vor Ablauf des 1. Quartals 2022 durchzuführen, um Fördergelder beantragen zu können. Da der Kaufvertrag immer noch nicht unterzeichnet ist, muss diese Aussage als unzutreffend betrachtet werden. Somit besteht kein Zeitdruck, den Verkauf durchzuführen. (…) Offensichtlich besteht jedoch immer noch die Möglichkeit, sich die Einflussmöglichkeiten zurückzuholen, indem der Beschluss zur Unterzeichnung des Kaufvertrages ausgesetzt wird, bis ein für die Stadtgesellschaft akzeptables Verhandlungsergebnis erzielt wird.“
Frank Hamann verweist auch darauf, dass ein jetziger Verkauf des Geländes erst in einigen Jahren seine negativen Wirkungen zeigen würde, wenn die verantwortlichen Akteure in der Kommunalpolitik schon gar nicht mehr auf ihren Posten seien: „Der kurzsichtige Wunsch, etwas Bedeutendes zu mitzubeschließen, scheint bei vielen größer zu sein als die Verantwortung für die Belange und die Aufgaben der Stadt wahrzunehmen. Es wäre nicht das erste Mal, dass Politik und Verwaltung nach Jahren erkennen müssten: Ja, das war eine sehr ungünstige Entscheidung damals…“
Auch zur Fortführung der Praxis von klinischen Schwangerschaftsabbrüchen nach der derzeit bestehenden Regelung gibt es immer noch keine zufriedenstellende Lösung. Ein Arbeitskreis der Verwaltung musste kürzlich sogar eingestehen, dass es für die generelle Situation von Abbrüchen derzeit keine Lösung gibt.
Dazu meint Herman U. Soldan-Parima, sozial- und gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion: „Es ist eine ziemliche Blamage, wenn die meisten Fraktionen einem übereilten Verkauf des Peelwatt-Geländes zustimmen, dann aber im Sozialausschuss entrüstet sind, dass es laut Bericht des Arbeitskreises keine Lösung für die Situation von Schwangerschaftsabbrüchen gibt. Und: Ein weiteres Szenario wurde vom Arbeitskreis noch nicht mal in Erwägung gezogen, nämlich eine Trägergesellschaft fürs neue Krankenhaus ohne die katholischen Malteser und damit ohne antiquierte Diskriminierung von Frauen auf die Bahn zu bringen! Große Teile von Politik und Verwaltung haben dabei viel zu lange den Kopf in den Sand gesteckt.“
Er spielt damit auch auf einen Antrag von SPD und Grünen an, der am 30. Mai im Sozial- und Gesundheitsausschuss beschlossen werden soll und der die Stadt auch finanziell in die Verantwortung nehmen soll, die Infrastruktur gynäkologischer Praxen zu stärken und für klinische Abbrüche mit anderen Krankenhäusern in der Region zu kooperieren.
„Dieser SPD-Antrag ist nun wirklich das traurige Eingeständnis, bei diesem Thema hilflos alle Viere von sich zu strecken, die Stadt mit zusätzlichen Ausgaben und weiteren Arbeitskreisen personell und finanziell zu belasten und sich womöglich damit auch noch als Pragmatiker zu verkaufen“, kritisiert Herman U. Soldan-Parima und fügt hinzu: „Dass jetzt auch die Grünen, die beim Thema Schwangerschaftsabbrüche lange standhaft waren, dies unterstützen, ist erstaunlich, mag aber wohl ihrer Rolle in einer neuen Landesregierung geschuldet sein.“
Frank Hamann ergänzt: „Was die SPD da vorhat, dürfte nach der Gemeindeordnung gar nicht erlaubt sein, denn das Überlassen städtischer Planstellen für private Aufgaben ist nicht zulässig. Wir als Stadt können und dürfen gar nicht entstehende Mehrkosten bei medizinischen Praxen übernehmen. Außerdem haben wir von der Linksfraktion lange davor gewarnt, Ausgaben für den Aufbau von OP-Räumen für Schwangerschaftsabbrüche oder andere Eingriffe zu finanzieren, um den schon lange bestehenden Konflikten aus dem Weg zu gehen. – Wir brauchen ein ordentliches Krankenhaus ohne religiöse Scheuklappen, dass der Beschlusslage der Ratsversammlung von 2019, den Forderungen der Flensburger Frauenbewegung und der von der Stadt immer wieder proklamierten Gleichstellung Rechnung trägt! Auch aus diesem Grund ziehen wir jetzt mit unserem Antrag die Notbremse. Und obwohl wir zu unserem Ja für ein neues Krankenhaus von 2017 auch heute stehen, weisen wir darauf hin, dass wir auch jetzt schon zwei gute Krankenhäuser haben.“